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Allgemein Filmgeflüster

Eine Liebeserklärung an die HFF

Die Hochschule für Fernsehen und Film München wird fünfzig. Hier durfte ich zwei entscheidende Jahre meines Lebens studieren…

Theater, Theater und noch mal Theater – darauf freute ich mich, als ich 2010 mein Ergänzungsstudium an der HFF München und der Theaterakademie August Everding in München begann. Natürlich bin ich auch damals gerne ins Kino gegangen, aber meine Praktika hatte ich alle im Bereich der Darstellenden Künste absolviert. Die Hochschule für Fernsehen und Film kannte ich vor allem deshalb, weil man 2006 überall lesen konnte, dass der Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck die Produzenten seines Oscar-preisgekrönten Debütfilms „Das Leben der Anderen“, Max Wiedemann und Quirin Berg, einst an der Filmuniversität kenngelernt hatten.

In meinem ersten Studienjahr wurden die Seminare der Theater-, Film- und Fernsehkritiker hauptsächlich in einer Villa in Bogenhausen abgehalten. Nur zu besonderen Anlässen wie dem von mir sehr geschätzten Filmgeschichte-Seminar bei Prof. Dr. Michaela Krützen durften wir uns auf in die HFF machen, die ihren Sitz bis 2011 in Giesing hatte. Dass das Verhältnis zu den Regie-, Drehbuch- und Produktionsstudenten der HFF ein grundlegend anderes war als zu den Regiestudenten der Theaterakademie, merkte ich bereits während meiner ersten mehrtägigen Stippvisite in Giesing. Hier waren wir nicht „die Kritiker“, sondern Filminteressierte und -begeisterte wie die anderen Studierenden auch. Wir wurden bereits nach kurzer Zeit von unseren Kommilitonen darum gebeten, Rezensionen zu ihren Kurzfilmen zu schreiben. Darüber hinaus war unser Feedback auch in Sachen Drehbuch-Fassungen oder Casting-Ideen für neue Projekte gefragt.

Weil ich auch in den Ferien nicht genug von der HFF bekommen konnte, holte ich mir im Sommer 2011 eine ganze Filmcrew in mein Elternhaus! „Achttausend“ hieß der Kurzfilm von Simon-Niklas Scheuring, der bei uns in Pfaffenhofen an der Ilm entstand. Während meine Eltern eine Urlaubsreise dem kreativen Chaos vor Ort vorzogen, lebte ich eine Woche lang inmitten von Kameras und Kostümen. In der Nachbarschaft organisierte ich ein Auto für den Dreh und überzeugte die Bewohner des gegenüberliegenden Hauses davon, dass ihr penibel gepflegter Garten nirgendwo so gut zur Geltung käme wie in Simon-Niklas Scheurings Kurzfilm. Den Szenenbildnern von „Achttausend“ half ich dabei, aus dem Musikzimmer meines Vaters einen Ort zu machen, an dem ein auf die schiefe Bahn geratener Jugendlicher im Film nach Jahren zum ersten Mal wieder auf seinen Vater trifft.

Keine Sorge, die vielen Klassik-CDs meines Vaters ließen sich sehr gut in das Szenenbild integrieren 🙂

Nach einer Woche Drehzeit wusste ich, welche Schwierigkeiten es bei der Erstellung einer Tagesdisposition zu überwinden gab, was die Aufgabe eines Set-Aufnahmeleiters war und warum man niemals Minestrone für eine vorwiegend männlich besetzte Filmcrew kochen sollte. Mir wurde auch klar, dass ich die unmittelbare Arbeit am Filmset zwar sehr spannend finde, aber dort nicht meine berufliche Zukunft sehe.

Der Bereich der Filmkritik hingegen interessierte mich immer mehr. Zusammen mit meinen Kommilitonen berichtete ich beispielsweise vom Internationalen Festival der Filmhochschulen in München oder 2011 von den Internationalen Hofer Filmtagen – von dort aus veröffentlichten wir täglich Rezensionen für unsere Studiengangszeitung cult. Ein Studienkollege in Hof beschloss, allen vorherigen Absprachen zum Trotz einen Text zu einem deutschen Film, über den ich ebenfalls schreiben  wollte, zu veröffentlichen. Dass ich damals verärgert im Katalog der Hofer Filmtage blätterte, war mein großes Glück. Gleich zweimal las ich in den Kurztexten zu zwei französischen Filmen den Namen des Ortes „Le Havre“. Das konnte kein Zufall sein… In „Hafen der Träume“ beschrieb ich anschließend, welch entscheidende Rolle die nordfranzösische Stadt in den stilistisch vollkommen unterschiedlichen Filmen „Léa“ von Bruno Rolland und „Die Fee“ von Dominique Abel und Fiona Gordon spielt. Zurück in München, schlug unser Studiengangskoordinator Stefan Fischer der Reiseredaktion der Süddeutschen Zeitung vor, mich für eine Reportage nach Le Havre zu schicken. Was für grandiose, aufregende Erfahrungen ich auf dieser Reise machen durfte! Ich lernte Künstler wie den Rockmusiker Little Bob kennen, der seine Karriere in den 1960er Jahren in Le Havre startete und mit seiner Band „Little Bob Story“ ab den 1970er Jahren durch die ganze Welt tourte. In „Le Havre“ (2011), dem Film des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki, hatte Little Bob einen einzigartigen Gastauftritt, durch den ich zum ersten Mal auf ihn aufmerksam geworden war.

 

Little Bob und seine Frau Mimie

Le Havre erschien mir entgegen anderer Behauptungen 2011 alles andere als hässlich und eintönig. Nachdem 1944 englische Truppen den von Deutschen besetzen Stützpunkt bombardiert und die Hälfte der Gebäude dem Erdboden gleichgemacht hatten, reagierte die französische Regierung nach 1945 mit einem radikalen Plan und ließ die Stadt durch den Architekten Auguste Perret wieder neu aufbauen. Aus einem riesigen Schutthaufen schuf der Architekt etwas völlig Neues, indem er ihn zu einzigartigen Betonvariationen verband: Zermahlen, nach Farben und Strukturen getrennt, mitunter wieder eingefärbt entstehen Betonoberflächen, die nahezu malerische Oberflächen zeigen.

Gerade feiert die Stadt übrigens bis Ende November ihr 500-jährigen Jubiläum mit viel Kunst und wunderbaren Kulturveranstaltungen!

Foto: Stefanie Preuin

Und dann war da während meiner Studienzeit an der HFF München noch der Empfang der Filmhochschule zur Berlinale: Von dieser Veranstaltung hatte ich bereits während meines ersten Studienjahres gehört – aber was sollte eine Kritikerin zur Organisation eines Tages, an dem die Studenten der sieben größten Filmhochschulen interessierten Redakteuren und Produzenten ihre neuen Projekte vorstellen, beitragen können? Wie sich schnell herausstellte, suchte der 2008 gegründete Verbund der Filmstudenten noch jemand für den Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ja, die nächtlichen Skype-Konferenzen sowie die kurzfristige Suche nach Schirmherren und Mitgliedern für unsere Pitching-Preis-Jury konnten einen schon das ein oder andere Mal in den Wahnsinn treiben… Aber die Kontakte und Freundschaften, die ich durch meine Arbeit für den Empfang in den Jahren 2012 und 2013 gewonnen habe, blieben.

Auf dem Empfang der Filmhochschulen 2013. Bis heute findet er an einem Werktag während der Berlinale in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen statt. Foto: Laura Hansen
Foto: Paul Meschuh
Erschöpft, aber happy auf dem Empfang der Filmhochschulen 2013; Foto: Paul Meschuh

Nun schreiben wir das Jahr 2017 – und meine ehemaligen HFF-Kommilitonen sind dabei, ihre Debütfilme bundesweit in die Kinos zu bringen! So wie die von mir sehr geschätzte Helena Hufnagel, auf deren Indie-Komödie „Einmal bitte alles“ (Kinostart: 20. Juli) ich mehr als gespannt bin.

Dass ich heute im Bereich der Film-PR arbeite, habe ich meiner Zeit an der HFF zu verdanken. Es mag etwas pathetisch klingen, aber die Zeit an dieser Hochschule hat mein Leben grundlegend verändert. Besonders gerne denke ich an mein zweites Studienjahr, das wir Theater-, Film- und Fernsehkritiker zusammen mit allen anderen Studierenden am damals neuen Standort gegenüber den Alten Pinakothek verbringen durften, zurück. Theater- und Filmkritiken schreibe ich immer noch sehr gerne – meine berufliche Erfüllung habe ich aber in einem anderen Bereich gefunden.

Alles Gute zum 50. Geburtstag, liebe HFF! Und auf weitere 50 Jahre mit vielen Studenten, die von ihrer Zeit in München genauso viel Positives berichten können, wie ich…

 

© Foto HFF: HFF München

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