
„Von dem Hemul, der die Stille liebte“: Eine Geschichte der finnischen Autorin Tove Jansson über Einsamkeit, Stille und die Freude an der Ausgelassenheit anderer Menschen.
In „Geschichten aus dem Mumintal“ gibt es eine sehr schöne Erzählung über einen Titelhelden, der die Pension herbeisehnt, um endlich ein Leben in Stille führen zu können: Der Hemul bekommt von seinen Verwandten einen alten Garten geschenkt, nachdem sein Arbeitsplatz – ein Vergnügungspark, in dem er zu seinem Leidwesen arbeiten musste – von langen Sommerregenfällen zerstört wurde.
„Der Hemul stürzte sich in die grüne freundliche Stille, er
sprang hinein, er rollte sich in sie hinein und fühlte sich jünger, als er es je gewesen war. (…) Und schon hatte er vergessen, was er gedacht hatte. So verzaubert war er durch das Schweigen und die Einsamkeit. Er besaß den Mondschein zwischen den Stämmen, er verliebte sich in die schönsten Bäume, er flocht Kränze aus Blättern und legte sie sich um den Hals, und in der ersten Nacht brachte er es kaum übers Herz zu schlafen“.
(Quelle: „Geschichten aus dem Mumintal“, Arena Verlag)
So froh sich der Hemul gegenüber dem Leser zunächst über seine neue Einsamkeit zeigt, so schwierig ist es für ihn wenig später, die Kinder um ihn herum derart unglücklich erleben zu müssen. Er entschließt sich dazu, seinen Garten mit all dem, was der Regen übrig gelassen hat, wieder zu einem Rummel umzufunktionieren und für die Kinder zu öffnen: Unter der Bedingung, dass hier künftig alles weniger laut vonstatten geht.
Die finnische Autorin Tove Jansson, die mit den Geschichten rund um die Mumins weltweit bekannt wurde, erschuf den Hermulen als eine Trollart in meist männlicher Gestalt. Äußerlich sehen sie den Mumins sehr ähnlich: Aber sie haben weder einen Schwanz noch sichtbare Ohren. In „Geschichten aus dem Mumintal“ sind die Hemule immer dann zur Stelle, wenn es darum geht, Ordnung und Struktur in eine Sache zu bringen. So treten sie zum Beispiel als Botaniker, Zoologen oder Polizisten auf. Ihre Sturheit und ihr fehlender Sinn für Humor bringt die Hermule immer wieder in Schwierigkeiten – und das, obwohl sie es eigentlich nur gut mit ihrer Umwelt meinen.
„Morgen, dachte der Hemul, morgen werde ich ihnen sagen,
daß sie lachen dürfen, vielleicht auch ein bißchen singen,
vielleicht, wenn sie es wollen. Aber sonst nichts! Keinesfalls! Er
kletterte von der Kommode herab und legte sich wieder in die
Hängematte. Und er schlief ziemlich bald und sorglos wieder
ein“.
(Quelle: Arena Verlag)
Die Figur des Hemulen beeindruckt mich deshalb so sehr, weil es ihr in einer Welt voller Hektik und Lärm gelingt, sich ihr ganz persönliches, stilles Kleinod zu erschaffen. Gleichzeitig tut der Hermul, der die Stille liebt, alles dafür, um der jungen Generation um ihn herum eine unbeschwerte, ausgelassene Zeit auf seinem Gartengelände zu ermöglichen – weil er erkennt, dass die Kinder im Gegensatz zu ihm unter ihrer nicht selbst gewählten Form der Einsamkeit und Isolation leiden.
Die Mumins. Geschichten aus dem Mumintal
von Tove Jansson
Artikelnummer: 978-3-401-60286-8
Preis: 9,99 € [D], 10,30 € [A]
Alter ab: 8 Jahre
Seitenzahl: 184