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Adventsgeflüster #15: Tagebuch #backstage mit Delschad Numan Khorschid und Oliver Stokowksi

Am Münchner Residenztheater lernten sich die beiden Ensemblemitglieder kennen und schätzen – nach ihrer ersten Zusammenarbeit im Rahmen von Schorsch Kameruns einmaligem Audio-, Film- und Musiktheaterformat M (1/2/3) – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER stehen sie nun für einen gemeinsamen Tagebuch eines geschlossenen Theaters-Beitrag im Residenztheater vor der Kamera.

© Luzia Hunziker

An meine ersten Begegnungen mit Oliver und Delschad kann ich mich noch sehr gut erinnern. 2016 schickte mir Oliver nach einem kurzen Mailkontakt eine sehr herzliche Videobotschaft für die Matinée zum 40. Jubiläum des Vereins der Freunde des Residenztheaters, dessen Vorstand ich damals bereits angehörte. Zwei Jahre später lernte ich ihn schließlich persönlich bei der Verleihung des Kurt-Meisel-Preises und der Förderpreise der Resi-Freunde kennen. Diesen bewegenden Tag werde ich nie wieder vergessen – denn wir wussten, dass wir den schwer erkrankten Alfred Kleinheinz, dem wir an diesem Vormittag einen Sonderpreis für seine besonderen Verdienste um die Freunde des Residenztheaters verliehen, zum letzten Mal auf der Bühne seines geliebten Theaters erleben würden.

Oliver Stokowski fand an diesem Tag hinter den Kulissen wie so oft die richtigen, tröstenden Worte. Als er zwischen 1993 und 2001 festes Ensemblemitglied am Residenztheater war, hatte er unzählige Male zusammen mit Fredi auf der Bühne gestanden.

Wie groß war die Freude beim Münchner Publikum, als Mitte 2019 bekannt wurde, dass Oliver Stokowksi als Ensemblemitglied ans Residenztheater zurückkehren würde. Bis ins kleinste Detail erinnern sich unsere Freundeskreis-Mitglieder an die Inszenierungen, in denen Oli in den 1990er Jahren an diesem Haus tragende Rollen wie die Titelrolle in der legendären „Hamlet“-Inszenierung von Matthias Hartmann übernahm. Nach Stationen am Burgtheater Wien, am Schauspielhaus Zürich und diversen namhaften Filmrollen ist es ein wahres Geschenk, einen so herausragenden Sprachkünstler und vielseitigen Schauspieler wieder fest im Ensemble des Residenztheaters wissen zu dürfen.

Delschad Numan Khorschid begegnete ich Ende 2019 zum ersten Mal nach einer Premiere im Residenztheater. Es war nicht nur seine Lebensgeschichte, die mich beeindruckte, sondern vor allem seine positive Ausstrahlung und seine Fähigkeit, neuen Menschen offen und vorurteilsfrei zu begegnen. Vor 18 Jahren floh Delschad als 17-jähriger aus dem Nordirak nach Deutschland und begann einige Jahre später ein Schauspielstudium an der Berliner Schule für Schauspiel.

Die Lebenswege von Delschad und mir könnten kaum unterschiedlicher sein: Während ich selbst eine klassische Schul- und Universitätslaufbahn einschlagen durfte, blieb es Delschad als Sohn eines kurdischen Systemkritikers im Irak verwehrt, während seiner Kindheit und Jugend am Schulunterricht teilzunehmen.

Bevor ich das Ensemblemitglied des Residenztheaters kennenlernte, hatte ich abseits der zahlreichen Medienberichte keinen persönlichen Bezug zu den Flüchtlingskrisen, die Europa in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in Atem gehalten haben. In den Gesprächen mit Delschad wurde mir nicht nur bewusst, wie wenig ich bisher über die Situation der Kurden im Nordirak wusste – ich wurde mir mit einem Mal auch all der Privilegien bewusst, die ich bisher in meinem Leben für selbstverständlich genommen hatte.

Ich schätze Delschads Blick auf die Welt und seine sehr klugen Gedanken zu verschiedenen Themen sehr. Seine Liebe zur Literatur und insbesondere zur Poesie kennt keine Grenzen – ich kenne kaum einen Menschen, der sich so intensiv mit Texten aller Art auseinandersetzt. Nicht nur als Schauspieler, sondern vor allem als Schriftsteller und Poet gelingt es ihm, seinen Zuhörern ein Gefühl dafür zu vermitteln, was es für einen Menschen bedeutet, wenn man bis heute aufgrund der jahrelangen Unterdrückung im eigenen Land, der anschließenden Flucht und der Ankunft in einem neuen Land kein Gefühl der Heimatzugehörigkeit verspürt.

Nach eineinhalb Jahren Flucht war München im Jahr 2002 der erste Anlaufpunkt, von dem aus sich Delschad eine Zukunft in seiner neuen Heimat Deutschland aufbaute. Der Weg, der ihn bis ans Residenztheater geführt hat, war lang und hart – umso mehr bewundere ich Delschad für seinen Mut, seine Ausdauer und seine Zielstrebigkeit.

Oliver und Delschad lernten sich bei den gemeinsamen Proben zu dem als Triptychon inszeniertem Projekt M (1/2/3) – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER kennen. Es sollte der Beginn einer Arbeitspartnerschaft werden, die von gegenseitigem Respekt und einer großen Anerkennung für die Leistungen des jeweils anderen geprägt ist.

Lieber Oli, lieber Delschad: Welche eine Freude, dass ihr heute im Residenztheater einen gemeinsamen Tagebuch-Eintrag aufnehmt, bei dem ihr aus Delschads Texten lest. Und welch eine Ehre, dass ich nach dieser Videoaufnahme mit euch für mein Adventsgeflüster zusammenkommen durfte. Ich danke euch für eure Freundschaft und für eure Unterstützung – und ich hoffe sehr, dass ich euch beide bald wieder gemeinsam auf der Bühne des Residenztheaters erleben darf!

© Charlie Casanova

https://www.residenztheater.de/ensemble/detail/khorschid-delschad-numan

https://www.residenztheater.de/ensemble/detail/stokowski-oliver https://www.studlar.de/schauspieler/oliver-stokowski

Instagram @oliver_stokowski und @delschad.numan.khorschid


Vielen Dank für eure Spende für die Künstlerinnen und Künstler, die sich mit einem Beitrag an meinem Adventskalender beteiligen. Alle Infos zu meiner Spendenkampagne findet ihr unter:

https://www.betterplace.me/adventsgefluester-live

*Da es sich um eine private Spendenaktion handelt, kann ich leider im Anschluss keine Spendenquittungen ausstellen. Ich bitte um euer Verständnis!

 

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