Wenn es gelingt, durch Bühnenkunst Brücken zwischen den Kulturen zu bauen: Ein Gespräch mit den beiden Performer*innen Arman Marzak und Katalina Götz von Hajusom Transfer.
Dem Autor und Regisseur Emre Akal habe ich es zu verdanken, dass ich in diesem Jahr Ella Huck und Vera Heimisch von Hajusom Transfer, eine spannende Hamburger Künstlerinitiative, kennenlernen durfte. Der 1999 gegründete Verein stellt auf sehr eindrucksvolle Art und Weise unter Beweis, wie sich soziales Engagement, politischer Aktivismus und ein sehr hoher künstlerischen Anspruch an die eigenen Projekte miteinander in Einklang bringen lassen.
Ende der 1990er Jahre begannen die Performance-Künstlerinnen Ella Huck und Dorothea Reinicke, Performances mit jungen Geflüchteten zu erarbeiten. Daraus entstand die Idee, ein dauerhaftes Performance-Kollektiv zu gründen und so einen Ort für die jungen Spieler*innen mit und ohne Fluchthintergrund zu schaffen, an dem sie dauerhaft und professionell künstlerisch arbeiten und sich weiterentwickeln können. Der Name Hajusom setzt sich übrigens aus den Anfangssilben der Namen der Performer*innen Hatice, Jusef und Omied zusammen: Die drei jugendlichen Geflüchteten initiierten Ende 1998 einen Theater-Workshop bei Ella Huck und Dorothea Reinicke und gaben dem Ensemble und dem Zentrum Ha-jus-om seinen außergewöhnlichen Namen.
AZIMUT dekolonial – Remix, Aufführung in den Sophiensælen Berlin, 2019
Video von Mathis Menneking
Seit 1999 entwickelt das Kollektiv, das im ehemaligen Weltkriegsbunker an der Feldstraße in Hamburg eine feste Bleibe gefunden hat, interdisziplinäre Theaterproduktionen in Koproduktion mit Partnern wie Kampnagel Hamburg, FFT Düsseldorf, Pumpenhaus Münster. Die Produktionen werden immer wieder auch im Rahmen internationaler Gastspiele präsentiert.
Mittlerweile ist aus dem interkulturellen Projekt seit 2010 ein Zentrum für transnationale Künste geworden und die Gruppe Hajusom zu einem bundesweit anerkannten Performance-Ensemble, mit dem über 400 junge Menschen mit und ohne Fluchterfahrung auf der Bühne standen.
Durchschnittlich einmal pro Jahr erarbeitet das Ensemble in Kooperation mit einem oder mehreren externen Künstler*innen eine neue Inszenierung. Zuletzt waren die Spieler*innen im März 2019 gemeinsam mit Latai Taumoepeau (Tonga) und Martin Ambara (Kamerun) in dem Stück AZIMUT dekolonial – ein Archiv auf der Bühne zu erleben.
Für ihr großes Engagement um Völkerverständigung und Kultur wurde das bereits vielfach preisgekrönte Ensemble in diesem Jahr mit dem Power of the Arts-Preis, einem der höchstdotierten Förderpreise in den Bereichen Kunst und Kultur in Deutschland, bedacht.
Wer mit den Verantwortlichen von Hajusom ins Gespräch kommt, spürt sofort, welch eine enge Beziehung sie zu jedem und jeder ihrer Performer*innen haben – und wie viel Zeit sie sich nehmen, um im Austausch mit ihnen neue Produktionen zu erarbeiten. Ihr wertvolles Wissen über integrative und interdisziplinäre Arbeitsprozesse teilen sie seit vielen Jahren auf Podien, bei Workshops und Seminaren.
Daraus entstand „Hajusom-Transfer“: Ein Programm aus verschiedenen Modulen, die stellvertretend für die vielfältige Arbeit von Hajusom stehen. Seit 2017 veranstalten die Performer*innen regelmäßig interkulturelle Trainings. Im sogenannten LAB, die Nachwuchsschmiede von Hajusom, tanzen, performen, kochen, dichten und grooven junge Geflüchtete gemeinsam mit erfahrenen Ensemble-Mitgliedern. Es entstehen Performances, Musik und Texte, die je nach Anlass in unterschiedlichen Kontexten präsentiert werden. Darüber hinaus hat Hajusom ein regelmäßiges Mentoring-Angebot entwickelt, das bei Bedarf Unterstützung in allen Lebenslagen bietet. Derzeit ist das Programm TRANSFER in Planung, in dessen Rahmen Interessierte bei Workshops und Seminaren, durch Konferenzbeiträge und Lecture Performances die Arbeitsweisen des Kollektivs näher kennenlernen können.
Ich freue mich sehr, dass ich heute die Gelegenheit hatte, mit den beiden langjährigen Performer*innen Arman Marzak und Katalina Götz für mein Adventsgeflüster ins Gespräch zu kommen. Lieber Arman und liebe Katalina: Wie schön, dass ich euch auf diesem Wege zum ersten Mal begegnen durfte!
Während der Performance von Arman lief übrigens das Lied abgespielt „Drive me on the floor (2020)“ von Ashraf Sharif Khan & Viktor Marek im Hintergrund. Viktor arbeitet als Hausmusiker schon viele Jahre mit dem Hajusom-Team zusammen und ist an allen Produktionen des Kollektivs beteiligt.
Instagram @hajusom_transfer
Facebook @Hajusom
Vielen Dank für eure Spende für die Künstlerinnen und Künstler, die sich mit einem Beitrag an meinem Adventskalender beteiligen. Alle Infos zu meiner Spendenkampagne findet ihr unter:
https://www.betterplace.me/adventsgefluester-live
*Da es sich um eine private Spendenaktion handelt, kann ich leider im Anschluss keine Spendenquittungen ausstellen. Ich bitte um euer Verständnis!