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Adventsgeflüster #6: Eine besondere Adventslesung mit Clemens Nicol

© Charlie Casanova

Eine kleine Lesestunde mit dem Moderator, Sprecherzieher und Schauspieler Clemens Nicol.

Seine Verhör-Sessions für BR-KLASSIK mit den Stars der Klassik-Szene sind legendär – besonders liebe ich sein „Verhör Spezial“ vom Nürnberger Klassik Open Air 2019.

 

© Laura Tashina

Clemens beeindruckt mich nicht nur durch sein komödiantisches Talent, sondern immer wieder auch in ernsten Rollen wie zuletzt in der Inszenierung Früchte des Zorns am Theater Impuls. Daher haben wir uns für eine ungewöhnliche gemeinsame Weihnachtslesung entschieden, mit der wir der jüdischen Schriftsteller Nelly Sachs und Paul Celan gedenken möchten, die vom Frühjahr 1954 bis zum Ende des Jahres 1969 in regem Briefkontakt miteinander standen.

Welche Bedeutung Paul Celan der Korrespondenz mit Nelly Sachs beimaß, zeigt sich an der beachtlichen Vollständigkeit, in der dieser Briefwechsel erhalten ist. Die mit Radierungen von Celanas Ehefrau Gisèle Celan-Lestrange versehene, 1993 im Suhrkamp Verlag erschienene Ausgabe habe ich übrigens nur noch antiquarisch erhalten können: Umso mehr freue ich mich darüber, dass wir euch heute einen Teil des schriftlichen Gedankenaustauschs zwischen den beiden renommierten Literaten im Adventsgeflüster-Türchen präsentieren können.

Paul Celan, geboren 1920 in Czernowitz in der heutigen Ukraine, und die 1891 in Schöneberg geborene Nelly Sachs, entkamen beide dem Holocaust. Doch das Trauma der Shoah verfolgte sie zeitlebens: Ihren Schmerz brachten Paul Celan unter anderem in seinem berühmtem Gedicht „Todesfuge“ und Nelly Sachs in ihrem Gedichtband „In den Wohnungen des Todes“ zum Ausdruck. Der Briefwechsel zwischen diesen beiden klugen Beobachtern ihrer Zeit zeugt nicht nur von der tiefen Freundschaft und Verbundenheit zwischen den beiden, sondern auch von einer großen Wertschätzung der Arbeit des jeweils anderen.

1966 erhielt Nelly Sachs den Literaturnobelpreis. In den Jahren danach verstärkten sich ihre körperlichen Beschwerden: Sie erlitt einen Herzanfall und die Anzeichen für eine paranoide Persönlichkeitsstörung mehrten sich. Ab da an schrieb Nelly Sachs zwar noch regelmäßig, aber nicht mehr viel. Ihr letztes Lebensjahr 1970 war von ihrer Krebserkrankung geprägt: Operation, kurzfristige Besserung des Allgemeinzustandes, erneute Einweisung ins Krankenhaus. Dort erfährt Nelly Sachs durch einen Besucher vom Freitod Paul Celans. Wenige Wochen später stirbt auch sie.

Was bleibt, ist ihr gemeinsames Vermächtnis: Ein Briefwechsel voller Trauer, Schmerz und Hoffnung.

Lieber Clemens, ich danke dir ganz herzlich für diese gemeinsame Lesung, für deine Freundschaft und für deine große Unterstützung in allen Lebenslagen! Ich bin gespannt auf die neuen Verhör-Sessions von BR KLASSIK und auf all deine weiteren Projekte im kommenden Jahr. Eine schöne restliche Adventszeit und bis bald hoffentlich wieder bei einem Konzert oder in einem Café in München! 

Mehr Informationen über Clemens Nicol:

https://www.clemensnicol.de/

Instagram @clemensnicol, @dasverhoer_brklassik

Ein Hinweis der Redaktion: Leider konnten wir unseren künstlerischen Beitrag mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp Verlags nur bis 24. Dezember 2020 öffentlich zeigen. 


Vielen Dank für eure Spende für die Künstlerinnen und Künstler, die sich mit einem Beitrag an meinem Adventskalender beteiligen. Alle Infos zu meiner Spendenkampagne findet ihr unter:

https://www.betterplace.me/adventsgefluester-live

*Da es sich um eine private Spendenaktion handelt, kann ich leider im Anschluss keine Spendenquittungen ausstellen. Ich bitte um euer Verständnis!

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