
Ein Ausstellungstipp für den Februar 2023 in München: Im Foyer der Produktions- und Spielstätte schwere reiter findet am 05.02. die Vernissage der Ausstellung „Let nothing disturb you“ des SALOON Munich Netzwerks für Frauen in der Kunst statt.
Im Juni 2022 wurde ich während eines Konzerts des Paranormal String Quartets auf die Arbeit des SALOON Munich aufmerksam – denn zufällig saß ich im Zuschauersaal neben Eva Lengler, einer der beiden Vorstandsmitglieder der Münchner Vertretung des Netzwerks für Akteurinnen der Kunst- und Kulturbranche.
Mit Eva hatte ich einige Jahre zuvor bereits im Rahmen ihrer hauptberuflichen Arbeit für das Münchener Auktionshaus Ketterer Kunst auf Instagram Kontakt. Von Ketterer Kunst wechselte sie 2020 zu dem renommierten Auktionshaus Bonhams, für das sie aktuell als Repräsentantin für den Bereich Norddeutschland tätig ist.
Neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit engagiert sich Eva Lengler für das Netzwerk SALOON, das Akteurinnen aus der Kunst- und Kulturbranche eine breite Plattform zur Vernetzung und zum Austausch bietet. Inzwischen gibt es in elf Städten weltweit regionale SALOON-Gruppen.
Die Münchner Vertretung des nicht-kommerziellen Netzwerks wurde im Sommer 2021 von Eva Lengler und Christiane Gorzalka, Direktorin der Münchner Galerie HELDENREIZER Contemporary, gegründet. SALOON Munich gehören Frauen* an, die als Kuratorinnen, Künstlerinnen, Designerinnen, Kulturmanagerinnen, Kunstwissenschaftlerinnen, Journalistinnen oder ähnliches tätig sind. Im Rahmen der monatlichen Treffen des Vereins stellen einzelne Mitglieder aus ihren Reihen ihren jeweiligen Arbeitsplatz und ihre laufenden Projekte vor. Dafür besuchen die Mitglieder Ateliers, Museen, Auktionshäuser, Forschungseinrichtungen, Galerien und andere Aktionsräume der hiesigen Kunstszene besucht. Die SALOON-Veranstaltungen haben zum Ziel, die Akteurinnen verschiedener künstlerischer Bereiche zu vernetzen, ihnen eine Plattform zur Präsentation zu bieten und einen Dialog zwischen Institutionen und Kulturschaffenden herzustellen.
Nun haben Christiane Gorzalka und Eva Lengler mit „Let nothing disturb you“ ein spannendes Ausstellungsprojekt in Kooperation mit der Produktions- und Spielstätte schwere Reiter geplant: Am 05.02.2023 findet um 11 Uhr im schwere reiter-Foyer die Vernissage einer Gruppenausstellung statt, die sich ausgehend von dem titelgebenden Zitat der Mystikerin Teresa von Ávila mit Frauenrollen im Wandel der Zeit beschäftigt: Was macht eine Frau aus? Welche Erwartungen werden gesellschaftlich gestellt? Welche Rolle spielt der weibliche Körper? Diese Fragen im internationalen und überzeitlichen Kontext führen zu vielfältigen Antworten, die die Künstlerinnen der Ausstellung auf ihre ganz eigene Art und Weise verhandeln. Ihre Werke schaffen die Möglichkeit, Meinungen und Rollenbilder zu hinterfragen, sich mit Kulturen und Gesellschaftsnormen auseinanderzusetzen und ganz neue Aspekte über das Frausein jenseits konventioneller Sichtweisen beleuchten.
Die gezeigten Künstlerinnen haben unterschiedliche kulturelle Hintergründe und sind zum Teil Mitglieder des Saloon-Netzwerkes. Die Qualität und Diskursivität ihrer jeweiligen Werke sowie die dadurch zum Ausdruck kommende Auseinandersetzung mit der weiblichen Identität waren das Hauptkriterium für die Auswahl ihrer Arbeiten für die SALOON-Gruppenausstellung.
Die Werke dieser Künstlerinnen werden im Rahmen der Ausstellung „Let nothing disturb you“ zu sehen sein:
- Sandra Bejarano erarbeitet (oftmals feministisch geprägte) Performances und Installationen. Bestandteil ihrer Kunst ist immer wieder sie selbst oder Teile ihres Körpers, etwa ihre Körperflüssigkeiten. Menstruationsblut, Vaginalsekret oder Sperma – Sandra thematisiert nicht selten Tabus rund um den (weiblichen) Körper. So verhandelt unter anderem ihre Performance „Bitchfight“ die teils absurden Wettbewerbsgebaren von Frauen untereinander sowie die weibliche Tendenz, für den eigenen Körper in seiner Funktionsweise oder seiner Ausprägung, Scham zu empfinden.
- Brenda Franco schafft für die Ausstellung ein neues Werk und experimentiert dafür mit in einer speziellen Drucktechnik. Sie thematisiert und visualisiert die wortwörtlichen Schichten, die eine Frau ausmachen – aus ihrer ganz persönlichen Perspektive. Schichten, die Rollenbildern entsprechen, diese gleichzeitig brechen und die wiederum doch so individuell zu lesen sind: Ein abstraktes Portrait einer Frau.
- Die chilenische Künstlerin Constanza Camilla Kramer Garfias verarbeitet in ihrem gezeigten Werk die Sexualisierung weiblicher Körper durch den männlichen Blick. Ausgehend von Berninis Marmorskulptur “Die Ekstase der heiligen Theresa von Avila“ analysiert die Künstlerin die männliche Wahrnehmung und Bewertung von Frauen in mentalen oder physischen Ausnahmezuständen und zieht dabei soziologische und ästhetische Parallelen bis in die Jetztzeit, zur öffentlichen Reaktion auf ein Foto der betrunkenen und bewusstlosen Lindsey Lohan.
- Eine ähnliche Herangehensweise wie Constanza Kramer wählt auch die Künstlerin Veronika Dräxler. Sie interpretiert die mythologische Frauenfigur der Medea neu – durch die Augen von Joseph Beuys.
- In der von Nina Aeberhard präsentierten Plakatwand verbindet die Künstlerin Textfragmente der Oper “La Traviatia” mit der Wahrnehmung ihres eigenen Körpers. Durch die Dekontextualisierung bringt sie neue Facetten und Verbindungen zum Vorschein.
- Silvia Gardini ist Künstlerin und Juristin. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit den Themen Identität, Erinnerung und Machtstrukturen. Ihre aktuellen Projekte setzen sich mit der Resonanz der #metoo-Bewegung in der Kunstwelt auseinander und sezieren, weshalb die hier vorhandenen Machtstrukturen die Umsetzung der dringend notwendigen Transparenz so schwierig machen.
- Mariella Kerschers Fokus liegt auf einem künstlerischen Zugang zu dem Tabu der natürlichen Vergänglichkeit. Traditionellen Symboliken für Geburt und Tod wie welkende Blumen kombiniert sie mit neuen, wie etwa der Plazenta. Sie stellt die Frage, wie ein zeitgenössisches Stillleben aussehen könnte, in der die weibliche Sicht der männlichen ebenbürtig ist.
- Weitere Beteiligte an dem Projekt „Let nothing disturb you“ sind neben den acht ausstellenden Künstlerinnen die Spielstätte schwere reiter, das SALOON Netzwerk in Gestalt des Saloon Munich (Projektleitung Eva Lengler, Kuratorin Cordula Gielen und weiteren Münchner Mitgliedern als Unterstützung), der Münchner Kunstspediteur Dimitri Gogia (Gogia Art Logistics), der Kunstversicherer Hiscox sowie im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit die Kulturredakteurin Mon Muellerschoen.
Mehr Informationen zu der Ausstellung:
https://www.schwerereiter.de/files/detail_cal.php?id=757
Zur Ausstellung gelangt man über den Eingangsbereich der Spielstätte
schwere reiter
Dachauer Straße 114a
80636 München
Die Ausstellung im schwere reiter-Foyer kann von Montag, 06.02., bis Sonntag, 12.03.2023 besichtigt werden.
Die Öffnungszeiten der Ausstellung
Jeweils 90 Minuten vor dem Beginn einer Veranstaltung in der Spielstätte schwere reiter
Weitere Zeiten werden tagesaktuell auf der Instagram-Seite des SALOON Munic (@saloon.munich) bekanntgegeben.
Finissage am Sonntag, 12.03.2023, 11:00 – 15:00 Uhr
Mehr Informationen zu der Arbeit des SALOON Netzwerks:
https://www.saloon-network.org/