Manche Sätze oder Passagen bleiben einem nach einer Buchlektüre besonders in Erinnerung…
Ich lese gerne und viel, auch wenn die Zeit dafür manchmal sehr knapp ist. Einige Bücher sind mir im vergangenen Jahr besonders in Erinnerung geblieben – weil mich bestimmte Sätze und Textpassagen im besonderen Maße zum Schmunzeln, Träumen und Nachdenken gebracht haben 📚
Ein gelungenes Leben ist genau das: ein Leben, das ich bejahen kann und für das ich dankbar bin.
Als ich den Titel von Michael Bordt SJs erschienenen Buch zum ersten Mal las, war ich skeptisch. Ich bin kein Freund philosophischer Ratgeber und fand es beinahe vermessen zu behaupten, die Leser würden durch die Lektüre des im Elisabeth Sandmann Verlag erschienenen Buchs „Die Kunst, sich selbst zu verstehen“ tatsächlich den Weg ins eigene Leben finden. Doch dieses Buch wollte und konnte ich kaum mehr aus der Hand legen. In acht Kapiteln stellt Michael Bordt SJ, der seit 2004 als Professor für Ästhetik, philosophische Anthropologie und Geschichte der Philosophie an der Hochschule für Philosophie in München tätig ist, vor allem die Frage nach dem persönlichen Glück eines jeden Menschen in den Vordergrund. Seine Ausführungen darüber, welche Werte im Leben wichtig sind, was für einen Nutzen die Liebe hat oder wie die Ansprüche anderer Menschen unser eigenes Leben beeinflussen können, haben mich noch lange Zeit nach der Lektüre des Buches sehr beschäftigt. Ich habe meine Träume und Ziele im Leben tatsächlich neu hinterfragt – und gehe seither gelassener durch unsere Welt der Selbstoptimierer und High Performer.
Den Hörbuchverlag BONNEVOICE habe ich erst vor kurzem entdeckt – dort gibt es so feine, ausgewählte Titel zu erwerben wie das gerade von mir vorgestellte philosophische Plädoyer „Die Kunst, sich selbst zu verstehen“ oder „Wir Nachgeborenen – Kinder berühmter Eltern“ von Anatol Regnier, ein Enkel von Frank Wedekind.
Arthur Schnitzler isst Austern und feiert die Überwindung des Naturalismus“, „Kaiserin Elisabeth isst trotz Magersucht ein Stück Sachertorte“ oder „Erzherzog Franz Ferdinand unterschreibt auf einem Tischtusch
Diese Titel einiger Buch-Kapitel in „Anna Sacher und ihr Hotel: Im Wien der Jahrhundertwende“ könnten auch von Thomas Bernhard stammen. Ganz so bissig wie Bernhards Dramen ist Monika Czernins Romanbiographie zwar nicht geschrieben – aber Czernin liefert mit ihrem Roman keineswegs eine trockene Geschichtslektion. Vielmehr vermittelt sie dem Leser ein lebendiges Bild einer im Umbruch befindlichen Gesellschaft anhand der Geschichte des weltberühmten Hotel Sacher. Der Sprecher Michael König hat ein feines Gespür für die ironische Sprache, mit der Czernin die skurrilen Begegnungen von Anna Sacher mit ihren exquisiten Gästen wie Gustav Klimt, Arthur Schnitzler oder Kaiserin Elisabeth schildert.
Im Hörbuch „Der gestohlene Klimt. Wie sich Maria Altmann die goldene Adele zurückholte“ erzählt die Autorin Elisabeth Sandmann von einer unglaublichen Geschichte im Ersten Weltkrieg: Die Tante von Maria Altmann, Mitglied einer wohlhabenden jüdischen Familie in Wien, ist entzückt, als ihr Mann bei Gustav Klimt ein Porträt von ihr in Auftrag gibt. 1907 stellt der berühmte Male das Bildnis der berühmten Adele fertig – mit dem Einmarsch der Nazis wird der Besitz der Bloch-Bauers inklusive dem Gemälde von Adele Bloch-Bauer jedoch geraubt. Der jahrzehntelange, erbitterte Kampf um die Rückgabe des Erbes ließ Bloch-Bauers Enkelin Maria Altmann jedoch nicht verzweifeln, sondern spornte sie an, sich mit über 80 Jahren von den USA aus für ihr Recht einzusetzen – mit Erfolg. Die Schauspielerin Lilly Forgách trifft im Hörbuch „Der gestohlene Klimt“ den richtigen Ton, da sie die Lebensgeschichte dieser außergewöhnlichen Frau mit der richtigen Mischung aus Sachlichkeit und Emotionalität vorträgt.
Adele hat ihr Haar wie eine japanische Geisha hochgesteckt. Um ihren Hals trägt sie ein eng anliegendes, mit Steinen besetztes Kollier. Ihre Lippen sind rot, ihre schmalen schmalen Hände seltsam verschränkt – angeblich hatte sie einen missgebildeten Mittelfinger (….). Konturen ihres Körpers sind kaum erkennbar, sie lösen sich auf und verschmelzen mit dieser Komposition aus Symbolen, um deren Dechiffrierung sich die Kunstgeschichte seither bemüht.
Es ist vor allem diese Textpassage aus Monika Czernins Romanbiographie, die dem Leser in eindrucksvoller Art und Weise ein Gefühl für die Einzigartigkeit dieses Kunstwerks gibt.
Ein Buch über Kunst? Die Erinnerung an die erschreckend langweiligen Vorträge meines Kunstgeschichte-Professors im Rahmen meines Studiums in Passau war mir noch sehr präsent, als mir Will Gompertz „Was gibt’s zu sehen? 150 Jahre moderne Kunst auf einen Blick“ (Dumont Verlag) in die Hände fiel. Als ich aber herausfand, dass Gompertz Engländer und lange Zeit Direktor der Londoner Tate Gallery gewesen war, wusste ich, dass ich den perfekten Wissensvermittler in Sachen Kunstgeschichte gefunden hatte.
Es gibt weder Fußnoten noch lange Quellenverzeichnisse, und manchmal habe ich meiner Fantasie freien Lauf gelassen und mir zum Beispiel Szenen ausgedacht, in denen sich die Impressionisten in einem Café treffen oder Picasso zu einem Festessen einlädt.
So formuliert es Gompertz im Vorwort seines witzigen und spannenden Buches, in dem den Bogen von Duchamps Werk Fontäne im Jahr 2017 bis zur Kunst der 2000er Jahre spannt. Selbst der größte Kunstbanause kann nach dieser Lektüre nicht anders, als sich in ein Museum aufzumachen.
Dann zählte der Wassermann seine Seelen und sammelte neue dazu, bis es wieder sieben mal sieben waren. Weil die neuen Seelen neue Geschichten mitbrachten, waren alle zufrieden.
So märchenhaft, urkomisch und poetisch zugleich klingt es, wenn in einer nordischen Sage die Geschichte von einem ganz besonderen Wassermann erzählt wird. „Manche Seelen stammten von ertrunkenen Fischern, eine andere von einer Robbenmutter, eine von einem Rentier und viele von Eisbären und Walrössern.“ Die Literatur skandinavischer Autoren hat es mir seit jeher angetan – ich denke da zum Beispiel an die wunderbaren „Mumins„-Geschichten der finnischen Autorin Tove Jansson oder die Krimis des isländischen Schriftstellers Arnaldur Indriðason. Seit ich eines Tages das im Tulipan Verlag – ein exzellenter kleiner Verlag mit einer feinen Auswahl an außergewöhnlicher Kinderliteratur – erschienene „Nordische Sagen und Märchen“-Buch von Sybil Gräfin Schönfeldt bekommen habe, tauche ich immer wieder ab in die Welt der Hexen, Trolle und schneeweißen Königstöchter – auch dank der faszinierenden Illustrationen von Alijoscha Blau. Dieses Buch ist ein Leseerlebnis der besonderen Art für Jung und Alt!