Kategorien
Allgemein Interviews Kunstgeflüster

#Interview mit Sebastian Vogel

„Kunst muss mich in erster Linie berühren“: Ein Interview mit Sebastian Vogel, dem Gründer der Online-Art-Galerie vogelARTedition.

Als ich an einem Montagabend das Büro von Sebastian Vogel in der Neherstrasse in Haidhausen betrete, entdecke ich sofort die Werke der Künstler Carsten Fock, Martin Klimas und Brigitte Kowanz, die ich von der Instagram-Seite der vogelARTedition kenne. Der Blick aus dem großen Fenster des Büros ist nicht weniger beeindruckend: Direkt gegenüber befindet sich das Prinzregentenbad.

2016 entwickelte der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Kommunikations- und Mediendesigner Sebastian Vogel das Konzept für vogelART und die vogelARTedition – eine Online-Galerie, über die limitierte Editionen vieler renommierter, lebender Künstler aus aller Welt wie Jonathan MeeseDamien Hirst oder Thomas Ruff zu erschwinglichen Preisen für Sammler erworben werden können. Daneben beraten Sebastian Vogel und Karin Osenberg interessierte Kunden aus dem In- und Ausland gemeinsam mit ihren internationalen Partnern unter dem Label vogelARTconsulting beim Aufbau und der Erweiterung ihrer Kunstsammlungen.

Dass Sebastian Vogel nach 20 Jahren erfolgreicher Arbeit in der Werbebranche in seinem neuen Job als selbständiger Kunstberater und Verleger nichts dem Zufall überlässt, spürt man sofort, wenn man genauer auf die vogelARTedition zu sprechen kommt. Wer Teil von Vogels Online-Galerie werden möchte, muss sich bereits einen gewissen Ruf als Künstler in der Branche erworben haben – der Marketing-Profi weiß, dass sich die Fotografien und Drucke anderenfalls nur schwer verkaufen lassen. In Sebastians Büro, das gleichzeitig sein Showroom ist, sieht man aber auch viele Werke junger, aufstrebender Künstler, die der kunstbegeisterte Verleger und Berater fördert, indem er seine Kunden bei Geschäftsterminen auf die Kunstschaffenden aufmerksam macht.

Ich habe mit Sebastian Vogel über die Beziehung zu den Galeristen seiner Künstler, seine Leidenschaft für die Kunst allgemein und über die ausgewählte Werke, die in seinen Büroräumen zu finden sind, gesprochen.

Ich entdecke hier gleich einen Katalog zu einer Edition, die mir sehr bekannt vorkommt: Nämlich die des Malers Carsten Fock

Das war tatsächlich unsere erste Edition überhaupt! Carsten und ich haben im Januar 2017 drei Motive zusammen erarbeitet. Die Filzstift-Zeichnungen wurden gescannt und auf das Original Papier gedruckt, so dass es nachher wie die Original-Arbeit aussah. Anschließend wurden die Motive von Carsten handkoloriert, signiert und nummeriert.

Was ist das Besondere an eurer Art und Weise, Kunst zu vervielfältigen? 

Dass letztendlich jede Arbeit ein Unikat ist. Denn keines der entstehenden Werke gleicht dem anderen. Das Besondere ist auch, dass die in der Online-Galerie zu erstehenden Editionen um einiges preiswerter sind, als die Einzelwerke – obwohl es sich ebenfalls um Unikate handelt.

Was müssen Kunstwerke für dich ausmachen, damit sie Teil deines Editionen-Portfolios werden können?  

Ganz einfach: Sie müssen mich berühren! Wenn ich Arbeiten in die Online-Galerie aufnehme, von denen ich nur halb überzeugt bin, kann ich sie nur schwer verkaufen.

Und wie reagiert der Kunstmarkt auf Online-Galerien wie die VogelARTedition? 

Durchaus mit Skepsis, weil sie diesem neu entstehenden Markt nicht ganz trauen. Es mangelt oft an Offenheit und der Erkenntnis, dass hier eine komplett neue Zielgruppe erschlossen wurde, die sehr wohl ein großes Interesse an Kunst hat.

Du musst dich vermutlich mit der jeweiligen Galerie eines Künstlers abstimmen, bevor du eine Edition planen kannst? 

Definitiv. Ich schätze die Gespräche und Diskussionen mit den Galeristen sehr, auch wenn wir in der Hinsicht auf die Frage, auf welche Art und Weise ein Kunstwerk reproduzierbar ist, nicht immer einer Meinung sind.

Dein Büro in Haidhausen ist gleichzeitig auch dein Showroom. Welche Fotografien und Drucke umgeben uns hier gerade? 

Zum Beispiel die Arbeiten von Philipp Messner, einem sehr spannenden Künstler aus München. Er hat für seine NEW MARBLE-Serie italienischen Marmorplatten mit Inkfarbe überarbeitet. Herausgekommen sind 12 vollkommen unterschiedliche, farbintensive Unikate.

An der Wand auf der linken Seite: Die Marmor-Platten von Philipp Messner, darunter ein Bild von Carsten Fock

Dann befindet sich direkt vor dir eine Fotografie aus der Edition von Martin Klimas, einem der derzeit interessantesten Vertreter der zeitgenössischen Fotografie. In seiner Serie Flowervases werden perfekt arrangierte Blumenvasen mit Stahlkugeln durchschossen und im Moment ihrer Zerstörung abgebildet.

In meinem Büro hängen übrigens auch Arbeiten von Künstlern wie Jenny Brosinki, die noch nicht Teil einer unserer Editionen sind. Ich biete jungen, aufstrebenden Künstlern eine Plattform, indem ich Kunden bei Gesprächen hier im Büro auf sie aufmerksam mache.

Wir organisieren hier im Showroom öfter einmal Open Office-Abende. Ich hatte zum Beispiel einmal einen Abend, wo ich die  Damien Hirst-Edition beworben habe und viele Leute sind extra deswegen hier her gekommen, da man sich nicht vorstellen konnte, das wir all die Editionen in unseren Shop auch in sichtbarer und haptischer Form präsentieren können. Wir haben alle Kunstwerke aus der Online-Galerie und viele weitere Arbeiten hier in Haidhausen. Deshalb sind wir auch in der Auslieferung so schnell.

Unsere Kunden sind oft erstaunt, wie schnell sie ihre bestellte Ware erhalten! Wenn man beispielsweise am Sonntag bei uns bestellt, kann man spätestens am Dienstag oder Mittwoch darauf mit seinem Kunstwerk rechnen.

Diese Serie von Sébastien de Ganay habe ich schon einmal auf eurer Facebook– und eurer Instagram-Seite gesehen!

Genau, die haben wir im Herbst vergangenen Jahres herausgebracht. Es wurde eine Serie aus 12 Arbeiten, jedes davon ein Unikat. Hergestellt aus reinem Wollfilz in drei verschieden farbigen Schichten, basiere die Arbeiten in dieser Edition auf Ganays Open System Disks-Serie aus dem Jahre 2009. Der Künstler kombiniert unterschiedlich zusammengeballte Kreise zu Arrangements, die beispielsweise an einen stilisierten Micky Mouse Kopf oder die Olympischen Ringe erinnern. Ich kenne sehr viele Leute, die sich freuen, durch unseren Online-Shop eine der Arbeiten von Sébastian de Ganay zu einem erschwinglichen Preis zu erwerben.

Aber eben nicht zu einem Dumping-Preis, oder? 

Absolut! Es handelt sich schließlich nicht um IKEA-Kunst, die in den meisten Wohnungen Münchens zu finden sein dürfte. Das Problem ist, dass sich viele Leute gar nicht mehr in Galerien trauen, weil sie die Preise der ausgestellten Werke und die Atmosphäre in den Räumen zu sehr abschrecken. Deshalb organisieren wir sehr gerne die Open Office-Abende bei uns im Büro, um bestimmte Hemmschwellen abzubauen.

Läuft der Kontakt zu neuen Künstlern hauptsächlich über die Galerien? 

Hauptsächlich nicht, aber manchmal ist es hilfreich, wenn eine Galerie den ersten Kontakt zu einem Künstler herstellen kann. Meistens trete ich aber direkt an die Künstler heran. Die meisten von ihnen freuen sich über diese neue Herausforderung und darüber, über die Online-Galerie ein ganz anderes Publikum ansprechen zu können. Carsten Fock ist mir zum Beispiel lange Zeit immer wieder auf diversen Messen begegnet und die Kunst von Benedikt Hipp, mit dem ich im kommenden Jahr eine sehr spannende Edition umsetze, fiel mir zum ersten Mal bei einem Museumsbesuch auf. Ich reise sehr viel, besuche viele Künstler in ihren Studios und immer wieder werden mir im Rahmen von Messen oder Veranstaltungen spannende neue Künstler vorgestellt. Meine neueste Entdeckung ist übrigens Grimanesa Amoróseine außergewöhnliche Lichtkünstlerin aus den USA. Es kommt auch nicht selten vor, dass mir ein Künstler auffällt, weil er ein spannendes Instagram-Profil hat.

Die sozialen Netzwerke sind also ein wichtiger Bestandteil deiner Arbeit? 

Für eine Online-Galerie sind Plattformen wie Instagram & Co. großartig, weil dadurch ein Marketing-Tool zur Verfügung steht, das ich selbst steuern kann. Dass manche Museen bis heute ihren Besuchern nicht erlauben, Fotos in den jeweiligen Ausstellungen zu machen, ist für mich schwer nachvollziehbar – eine bessere Werbung gibt es kaum. Mir geht es nicht nur im Kunstbetrieb so, dass ich durch die sozialen Netzwerke auf etwas aufmerksam werde. In München gehe ich liebend gerne in die Kammerspiele und oft ist es ein prägnantes Foto, das mich in eine Inszenierung lockt. Instagram bereichert mein Leben in jedem Fall enorm.

Die „Infinite Curve – Climate Change Edition“ von Brigitte Kowanz

Oh, in diesem Büro-Raum siehst du übrigens die Infinite Curve – Climate Change Edition von Brigitte Kowanz, eine meiner Lieblingseditionen! Ihre Lichtobjekte kosten normalerweise 20.000€ aufwärts – die Herausforderung für mich war, eine Print-Edition herauszubringen, die die Lichtintensität ihrer Werke in der gedruckten Version einfängt. Wir haben eine Edition von 3 Motiven produziert, in der jedes der Kunstwerke aus jeweils 3 verschiedenen Perspektiven zu sehen ist. Alle Farben, die du in diesem Raum siehst, gibt es so kein zweites Mal mehr. Jedes Blatt ist so ein Unikat – unglaublich, aber wahr! Und der Preis ebenfalls!

Bei der Zusammenstellung der jeweiligen Editionen wirst du in gewisser Weise auch selbst künstlerisch tätig, indem du dir ein gutes Konzept dafür überlegen musst. Hast du jemals überlegt, selbst als Künstler zu arbeiten? 

Nein, das nicht. Ich habe 20 Jahre als Creative Director in der Werbebrache hinter mir und über 2.000 Fotoshootings betreut, da war ich kreativ genug.

Wie kam es dann zu der Idee des Art Publishing und -Consulting, das ebenfalls Teil deiner Firma VogelART GmbH ist? 

Ich hatte nach der Schule die Möglichkeit, an die Kunstakademie in Düsseldorf zu gehen oder Kommunikations- und Medien Design zu studieren. Ich bin damals in die Werbung gegangen, da ich bereits mein erstes Praktikum mit 14 Jahren in einer Werbeagentur gemacht hatte und es meine Bestimmung war. Kunst spielte aber immer eine sehr große Rolle in meinem Leben. Mein Onkel ist Maler, seine Frau ebenfalls. Die beide haben in den 1970er Jahren einen Kunstverein gegründet, bei dessen Veranstaltungen ich als 13, 14-jähriger regelmäßig zu Gast war und gekellnert habe. Aber meine Eltern sind mit mir immer viel in Museen gegangen. Das waren meine erste Begegnungen mit der Kunstszene. Selbst gemalt habe ich damals auch, ich wollte ja ursprünglich auf die Kunstakademie. Als Künstler habe ich mich aber nie wirklich gefühlt, mehr als kunstsinniger Marketing-Fachmann. Mein erstes selbst verdientes Geld habe ich nach dem Studium sofort in Kunst investiert – heute befinden sich ca. 200 Werke bei uns zu Hause. 2016 habe ich meinen Job in der Werbebranche dann an den Nagel gehängt und die Idee zu VogelART als selbstständiger Kunstberater und Verleger von Kunsteditionen entwickelt.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit du einen Künstler in deine Online-Galerie aufnimmst? 

Da gibt es drei Faktoren. Die Künstler müssen „leben“, sie müssen sich bereits im Kunstmarkt etabliert haben und dadurch in den Medien präsent sein. Der wichtigste Punkt für mich aber ist aber, dass die Werke der Künstler schon einmal in einem Museum zu sehen waren und in den Sammlungen der Museen oder in privaten Top Collections vorhanden sind. Dadurch setzte ich bewusst auf etablierte Künstler.

Und wie sieht dein Angebot im Bereich Art Consulting aus? 

Meine Kunden suchen Kunstwerke für ihren privaten Wohnbereich oder ihr Büro – egal, ob in Barcelona, Paris, Berlin oder München. Ich stelle ihnen gemeinsam mit internationalen Partnern geeignete Kunstwerke vor und berate sie gegebenenfalls beim Aufbau ihrer Sammlung. Wenn ich ein Beratungsgespräch habe, schaue ich mir den Stil des Hauses oder Büros an und finde erst einmal heraus, wie die Leute so leben und welche Interessen sie haben. Wenn ich ein Gefühl für meine Kunden bekommen habe, mache ich Fotos von den Räumen und baue nachher die Bilder direkt dort hinein. Und dann präsentiere ich ihnen die Auswahl der Arbeiten.

Interessiert es die Künstler, wo du ihre Werke untergebracht hast? 

Viele schon! Ich finde es sehr wichtig, gerade bei größeren wichtigen Einzel-Arbeiten.

Ein Bild aus der Edition von Thomas Ruff

Wenn ich mich hier im Büro umsehe: Du bist ein großer Freund von Farben, oder? 

Ja: Denn Farbe ist Leben und Energie!

In diesem Showroom/ Büro viel Zeit zu verbringen, stelle ich mir sehr angenehm vor.

Ich muss mich fast zwingen, nicht hier zu sein – so sehr liebe ich das, was ich tue. VogelART bedeutet zwar Arbeit, viel Arbeit sogar. Aber es fühlt sich trotzdem nicht so an, da ich durch meine Tätigkeit sehr interessante Menschen kennenlernen und tolle Kunst vermitteln kann. Mich freut es besonders, wenn ich das positive Feedback glücklicher Kunden bekomme, dass sie den absolut richtigen Kauf mit einem bestimmten Kunstwerk getätigt haben.

Vielen herzlichen Dank für den spannenden Blick hinter die Kulissen deiner Arbeit als Verleger und Kunstberater, lieber Sebastian!


Mehr Infos unter:

https://www.vogelartedition.com/

https://www.instagram.com/vogelartedition/

Kommentar verfassenAntwort abbrechen