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#Kurzkritik: „Don Karlos“ am Staatstheater Nürnberg

Eine Kurzkritik zu Jan Philipp GlogersDon Karlos„-Inszenierung am Staatstheater Nürnberg.

„Längst hätt‘ ich diesen Hof verlassen, diese Welt verlassen, hätte in heil’gen Mauern mich begraben; doch ein einzig Band ist noch zurück, ein Band,
Das mich an diese Welt allmächtig bindet.
Ach, ein Phantom vielleicht! doch mir so werth!
Ich liebe und bin – nicht geliebt“

Es ist eine der bewegendsten Szenen in Jan Philipp Glogers „Don Karlos“-Inszenierung, in der Königin Elisabeth auf Don Karlos trifft. Zwei einsame Seelen, verloren in einem Meer aus Lieblosigkeit, Missachtung und mangelndem Respekt.

Am Staatstheater Nürnberg vertraut der Schauspieldirektor Jan Philipp Gloger in seiner Interpretation von Friedrich Schillers 1787 uraufgeführten Tragödie ganz auf die Kraft der Schiller’schen Sprache, die hier zum Glänzen kommt wie schon lange nicht mehr in einer Klassikerinszenierung auf einer deutschsprachigen Bühne. Besonders Maximian Pulst als Don Karlos, Llewellyn Reichman als Elisabeth und Janning Kahnert als Philipp II. gelingt es, den Zuschauer:innen auf eindrucksvolle Weise ein Gespür für die Zwänge, denen ihrer Figuren ausgesetzt sind, zu vermitteln.

Wie ein Mühlrad dreht sich die Holzbühne von Marie Roth, deren Flügeltüren nur vermeintlich einen Ausweg aus dem vorbestimmten Leben am Hofe von König Philipp bieten. Mit aller Macht versucht dieser Don Karlos, sich nicht nur seiner strengen Kleidung, sondern auch der höfischen Etikette zu entledigen – doch er ist zu ungestüm und zu hitzköpfig, als dass man ihm die Regentschaft eines Heeres oder gar eines ganzen Volkes zutrauen würde.

Dass aus fehlender Anerkennung und Liebe kein verantwortungsvoller Umgang mit der Macht und Verantwortung, die einem gegeben wurde, erwachsen kann – daran lässt diese „Don Karlos“-Inszenierung keinen Zweifel. Zu den faszinierenden elektronischen Sounds von Kostia Rapoport versuchen die Figuren, dem Teufelskreis aus Intrigen und Lügen am Hofe zu entkommen – doch dazu müsste es ihnen zuallererst gelingen, Vertrauen zu sich selbst zu fassen und aus ihrem eigenen Gedankenkarussell auszubrechen.

„Don Karlos“, ein starker Ensembleabend am Nürnberger Staatstheater.


Mehr Informationen zu der Inszenierung und zu den nächsten Aufführungsterminen: 

https://www.staatstheater-nuernberg.de/spielplan-22-23/don-karlos/08-12-2022/1900

 

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