
Zum ersten Mal begegnete ich dem Schauspieler und Künstler Delschad Numan Khorschid im Oktober 2019 im Münchner Residenztheater. Unser erstes Aufeinandertreffen wurde der Beginn einer sehr engen Freundschaft.
Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als ich Delschad zum ersten Mal im Foyer des Residenztheaters sah. Kennengelernt hatten wir uns durch meine Vorstandstätigkeit für die Freunde des Residenztheaters: Bereits in der Sommerpause nach dem Ende der Spielzeit 2018/2019 hatte ich damit begonnen, die neuen Ensemblemitglieder des Residenztheaters auf Instagram ausfindig zu machen und sie unseren Followerinnen und Followern vorzustellen.
Schon damals strahlte Delschad, der zu dieser Zeit noch frei am Residenztheater arbeitete, eine Offenheit aus, die mich begeisterte. Wie sich erst einige Wochen nach unserem Aufeinandertreffen herausstellte, war Delschad an jenem Tag im Oktober 2019 zum allerersten Mal zu Besuch in jenem Theater gewesen, zu dessen Ensemble er mittlerweile zählt.
Sehr schnell war klar, dass Delschad und mich viel verband – unter anderem unsere Leidenschaft fürs Theater, die Literatur, den Film und die Fotografie. Er erzählte mir, dass er bis zum Alter von 17 Jahren im kurdischen Teil des Nordirak aufwuchs und seine Heimat anschließend verließ – ohne seine Mutter und ohne seine Geschwister, die er im Irak zurücklassen musste. Nach eineinhalb Jahren Flucht war München vor 19 Jahren der erste Anlaufpunkt, von dem aus Delschad sich eine Zukunft in seiner neuen Heimat Deutschland aufbaute.
Delschad wurde sehr schnell zu einem meiner engsten Freunde und beeindruckte mich mit seinem immensen literarischen und politischen Wissen. Delschads Interesse für Kunst und Kultur geht weit über die Schauspielerei hinaus – allein sein Instagram-Feed, auf dem er die vielen kleinen und großen Dinge des Lebens in vielen poetischen Bildern einfängt, ist ein Kunstwerk an sich. Seit Jahren veröffentlicht er eigene Prosatexte und Gedichte, dreht Filme, malt und fotografiert.
Für das Residenztheater drehte er 2020 und 2021 während den Zeiten der Lockdowns zahlreiche Videos, die im Rahmen der YouTube und Social Media-Reihe „Tagebuch eines geschlossenen Theaters“ veröffentlicht wurden. Dabei entwarf er unter anderem zusammen mit seinen Gästen in der Reihe „Durch andere Fenster blickend“ einen ganz eigenen Kosmos aus Geschichten, Beobachtungen und Erlebnissen.
Und manchmal stand Delschad auch selbst für die „Tagebuch eines geschlossenen Theaters“-Reihe vor der Kamera: So wie in diesem bewegenden Video vom März 2020, in dem er ein altes Volkslied aus dem Irak sang:
Delschads Beiträge zu meinen Adventskalendern wurden ab dem Jahr 2019 zu einer festen Größe: Im Dezember, nachdem wir uns kennengelernt hatten, stellte mir Delschad ein Gedicht von ihm für die Veröffentlichung in einem meiner Adventskalender-Einträge zur Verfügung. 2020 hatten wir dann die Idee zu einer gemeinsamen Aktion, an die ich mich besonders gerne zurückerinnere: Am 15. Dezember des vergangenen Jahres traf ich mich mit Delschad und seinem Residenztheater-Ensemblekollegen Oliver Stokowski in einer der Schauspieler-Garderoben im Residenztheater für eine gemeinsame Lesung der beiden aus Delschads Texten. Ein sehr bewegendes Ereignis, das ich nicht vergessen werde.
2021 schickte mir Delschad dann dieses Foto für einen Post im Rahmen meiner Adventsaktion zum Thema „Stille“:
Delschad ist nicht nur ein sehr vielseitig begabter Künstler, sondern auch ein Kämpfer für Demokratie, Menschlichkeit und Frieden. Er wird nicht müde, seine Umwelt immer wieder auf das hinzuweisen, was die meisten von uns gerne aus ihrem Leben ausblenden würden: Krieg, Leid, Vertreibung, Folter und Ausgrenzung. Delschad wurde für mich zu meinem wichtigsten Ansprechpartner, wenn es um die Flüchtlingspolitik geht – denn erst durch den Kontakt mit ihm begann ich mich intensiv mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Wer wie ich die Gelegenheit hat, in München ins Theater zu gehen, der sollte sich unbedingt die Inszenierungen „Unsere Zeit“ (Regie: Simon Stone) und „Urteile (revisited) – nach dem Prozess“ (Regie: Christine Umpfenbach) ansehen: Dort glänzt Delschad in zwei vollkommen unterschiedlichen Rollen auf der Bühne des Residenztheaters und des Marstalls.
„Man lebt sein Leben. Ein ganzes Leben lang“ steht auf einer Wand geschrieben, die Delschad unlängst fotografierte. Er macht einem immer wieder bewusst, wie wertvoll das Leben ist – und wie sehr man alles daran setzen sollte, sich seiner Schönheit bewusst zu werden.
Lieber Delschad: Ich kenne kaum einen anderen Menschen, der so viel positive Energie versprüht, wenn er einen Raum betritt – und der jedem Menschen mit demjenigen Respekt begegnet, der ihm gebührt. Vielen herzlichen Dank für deine Freundschaft und für die Unterstützung meiner Blog-Aktivitäten in den vergangenen Jahren!
Mehr Informationen über Delschad Numan Khorschid:
https://www.residenztheater.de/ensemble/detail/khorschid-delschad-numan
Instagram @delschad.numankhorschid