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Allgemein Bühnengeflüster

Kurzkritik zu „Die Möglichkeit des Bösen“ von Marie Schleef

Eine Kurzkritik zu Marie Schleefs Inszenierung DIE MÖGLICHKEIT DES BÖSEN, die am 23.03. Premiere an den Münchner Kammerspielen feierte.

„Man musste dafür sorgen, dass die Stadt, in der sie wohnte, sauber und rein blieb, aber die Menschen waren überall lüstern und böse und verkommen“

Miss Adela Strangeworth hat ihre ganz eigenen Vorlieben, mit der sie der ewigen Routine ihres Lebens als lediger Frau in einer US-amerikanischen Stadt für einen Moment entflieht: Neben dem Verzehr eines guten Koteletts und dem schweren Duft ihrer Rosen gibt es für Miss Strangeworth nichts Schöneres, als den Menschen in ihrer Umgebung Briefe zu schreiben. Briefe ohne Absender, voller kleiner und großer Böswilligkeiten und Irritationen.

An den Münchner Kammerspielen präsentiert die Regisseurin Marie Schleef in ihrer neuesten Inszenierung eine Bühnenadaption der 1965 erschienene Kurzgeschichte DIE MÖGLICHKEIT DES BÖSEN der US-amerikanischen Autorin Shirley Jackson (1916-1965).

In ihrem pointierten Text entlarvt die in Deutschland bis heute weithin unbekannte Autorin, die bekannt wurde für ihre ganz eigene Form des subtilen Horrors, mittels grotesker und unheimlicher Elemente, wie sich hinter dem scheinbaren Idyll der hübschen Vorgärten ein Abgrund an Düsternis und an psychischem Druck auftut.

Marie Schleef hat die Bühne der Therese-Giehse-Halle der Münchner Kammerspiele in ihrer Inszenierung zusammen mit der Kostümbildnerin Teresa Vergho, der Bühnenbildnerin Ji Hyung Nam, dem Sounddesigner Jan Godde, der Videokünstlerin Lillian Canright und dem Lichtdesigner Christian Schweig in einen faszinierend-verstörenden und audiovisuell überwältigenden Bilderreigen aus leuchtend bunten Pink-, Rot- und Grüntönen verwandelt. Ähnlich wie Susanne Kennedy, bei der Marie Schleef einst an der Volksbühne Berlin assistierte, findet die Regisseurin, die im vergangenen Jahr mit dem Kurt-Hübner-Preis für Regie der Deutschen Akademie für Darstellende Künste ausgezeichnet wurde, in ihren Inszenierungen eine ganz eigene, unverkennbare Formsprache.

In Slow-motion bewegt sich Schleefs Ensemble über die Bühne der Therese-Giehse-Halle – allen voran Johanna Eiworth als tragikomische Protagonistin Miss Adela Strangeworth.

Es ist ein einsamer Kosmos, in dem sich Miss Strangeworth hinter ihrer grünen Hausmauer mit den spitzen Dornen zurückgezogen hat. Nicht nur in ihren Bewegungen, sondern auch in der Kommunikation mit ihrer Außenwelt wirkt die ältere Dame wie erstarrt: Dazu passt, dass ein Großteil des Textes in Marie Schleefs Inszenierung Stream-of-Consciousness-artig als Übertitel auf die Bühne projiziert wird. Als Adela Strangeworth auf ihrer Abendrunde zum örtlichen Briefkaste auf die Jugendlichen Linda Stewart und Dave Harris trifft, gelingt den beiden Schauspieler*innen Edith Saldanha und Frangiskos Kakoulakis ein magischer Moment an diesem Theaterabend: Im Gegensatz zu Shirley Jacksons Textvorlage ist in Marie Schleefs Bühnenversion von „Die Möglichkeit des Bösen“ bei der Begegnung zwischen Linda und Dave vor allem der Wille zu spüren, die Welt durch ihre Annäherung aneinander zu einem besseren Ort zu machen – einem Ort, an dem das Gute eine Chance hat, weiter zu wachsen. Doch das Böse hat zu diesem Zeitpunkt bereits alles überwuchert.


Die nächsten Aufführungen von DIE MÖGLICHKEIT DES BÖSEN an den Münchner Kammerspielen: 

  • Mi 27.3., 19:30 – 20:55 Uhr
  • Sa, 30.3., 19:30 – 20:55 Uhr
  • Mo, 1.4., 19:00 – 20:25 Uhr
  • Di 2.4., 19:30 – 20:55 Uhr// Einführung ab 19:00 Uhr
  • Mi, 17.4., 19:30 – 20:55 Uhr
  • Fr, 19.4., 19:30 – 20:55 Uhr
  • Sa, 20.4., 19:30 – 20:55 Uhr

Mehr Informationen und Karten: 

https://www.muenchner-kammerspiele.de/de/programm/22414-die-mglichkeit-des-bsen

 

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