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#Kulturgeflüster der Woche #4: Die Holzhauser Musiktage

Seit über 40 Jahren finden jedes Jahr im Juli am Ostufer des Starnberger Sees die Holzhauser Musiktage statt. Jedes Jahr werden den Zuhörern im Rahmen dieses Festivals klassische Konzerte auf höchstem Niveau an ungewöhnlichen Orten präsentiert. Eine Begegnung mit der Violinistin und künstlerischen Leiterin der Holzhauser Musiktage, Anne Solveig Weber.

Zwischen unserem ersten Kennenlernen per Mail und einem gemeinsamen Mittagessen im Lehel vergehen nur wenige Tage. In rund zwei Wochen beginnt im Ort Holzhausen am Starnberger See ein Festival, zu dessen künstlerischer Leiterin die 31-jährige Geigerin 2017 berufen wurde: Die Holzhauser Musiktage.

Die Leidenschaft, mit der Anne Solveig Weber von diesem Festival berichtet, ist ansteckend. 1978 wurde es von dem bekannten ungarischen Geiger Dénes Zsigmondy und seiner Frau, der Pianistin Anneliese Nissen, gemeinsam mit dem Pianisten Wilhelm Kempff ins Leben gerufen. Ein wichtiger Bestandteil waren schon damals die Meisterkurse, durch die auch Anne Solveig Weber zum ersten Mal mit den Holzhauser Musiktagen in Berührung kam. „Als Jugendliche bin ich bereits auf der Bühne der Reithalle des Gestüts Ammerland auf Gut Ried gestanden, wo noch heute Konzerte im Rahmen der Holzhauser Musiktage stattfinden“. Die Tochter einer Professorin für Instrumentalpädagogik erhielt früh ihren ersten Klavier- und Violinunterricht und wurde bereits im Alter von 13 Jahren Jungstudentin an die Hochschule für Musik und Theater München. Nachdem sie ihre Kindheit, ihre Jugend und Studienzeit in München verbracht hatte, zog es sie zunächst weg aus der bayerischen Landeshauptstadt. Eine wichtige Station in ihrer noch jungen Karriere bildete das Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse in Paris, wo Anne Solveig Weber in der Klasse von Prof. Régis Pasqiuer studierte, bevor sie an der Zürcher Hochschule der Künste ihr Studium bei Prof. Zakhar Bron vollendete und mit Auszeichnung abschloss. Sowohl als Orchestermusikerin, als auch als Solistin und Kammermusikpartnerin machte sich Anne Solveig Weber in den vergangenen Jahren einen Namen. So war sie unter anderem zwischen 2013 und 2014 Teil der Orchesterakademie des weltberühmten Royal Concertgebouw Orchestra und zwischen 2014 bis 2016 Teil der Orchesterakademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. 2015 wurde sie für zwei Jahre Stimmführerin der zweiten Violinen des Orchesters Le Concert Olympique und 2011 bis 2013 stellvertretende Konzertmeisterin des Gustav-Mahler-Jugendorchesters. Zurzeit spielt sie unter den ersten Violinen des Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und ist immer wieder mit Kammermusik-Ensembles wie dem erst vor kurzer Zeit neu gegründeten Streichquartett WeberWell auf der Bühne zu erleben.

2017 wurde sie darüber hinaus zur künstlerischen Leiterin der Holzhauser Musiktage berufen. „Mein Interesse am Kulturmanagement konnte ich erst in den vergangenen zwei Jahren richtig ausleben, obwohl es schon lange vorhanden war“, sagt die Geigerin. Im Zuge ihrer Rückkehr nach München vor einigen Jahren intensivierte sich der Kontakt zu dem Team des Festivals wieder. Als der Pianist Johannes Umbreit sie schließlich vor zwei Jahren darauf ansprach, ob sie sich vorstellen könnte, gemeinsam mit ihm die künstlerische Leitung des Festivals zu übernehmen, sagte sie ihm sofort zu. „Was die Holzhauser Musiktage vor allem auszeichnet, ist diese unglaubliche Nähe der Musiker zu ihrem Publikum. Wenn man sich beispielsweise im Herkulessaal in München befindet und dort in der 10. oder 11. Reihe sitzt, ist man bereits ziemlich weit entfernt von dem, was sich auf der Bühne abspielt. Ganz zu schweigen von den hinteren Reihen im Saal, wo man gern mal ein Fernglas bei sich hätte. Da ist das Konzerterlebnis bei uns ganz anders“.

© Holzhauser Musiktage

Den Zuhörern klassische Konzerte auf höchstem Niveau an ungewöhnlichen Orten zu präsentieren: Das ist jedes Jahr der Anspruch des Festivals und seines Leitungsteams. „Ich erinnere mich sehr gerne an das Konzert des Armida Quartetts im vergangenen Jahr zurück, das an einem wunderschönen Sommertag auf einem romantisch gelegenen Bauernhof stattfand. Die Zuschauer sitzen ganz nah an der Bühne und weil maximal 150 Leute in die Tenne passen, entsteht ein ganz anderer Vibe, als in den großen Konzertsälen“. Die Pause habe bei diesem Konzert etwas länger gedauert, weil die Konzert-Besucher so entspannt an ihrem Weinglas genippt und sich mit den Musikern des Quartetts unterhalten hätte, fügt Anne Solveig Weber lächelnd hinzu. „Diese lockere Atmosphäre, in der die Musiker auf das Publikum getroffen sind, hat sich auch auf ihr Spiel übertragen“. In diesem Jahr finden die Konzerte sowohl in der Reithalle des Gestüts Ammerland auf Gut Ried, als auch in der Loth Hof Tenne im Zentrum von Münsing statt.

Der Cellist Maximilian Hornung, die Sopranistin Nikola Hillebrand oder der Pianist Nikolai Lugansky  – viele Stars der Klassikszene, die derzeit die Bühnen der großen Konzerthäuser weltweit erobern, werden im Juli bei den Holzhauser Musiktagen zu Gast sein. Für Anne Solveig Weber ist in Bezug auf die Zusammenstellung ihres Konzertprogramms aber vor allem eine Sache entscheidend: „Jeder soll sich wohl fühlen und darf bei uns authentisch sein. Es geht um das Konzerterlebnis und den Genuss – nicht um eine Moden- oder Statusschau. Ich bin mir sicher, dass viele meiner Freunde den ganzen Tag am See verbringen, bevor sie abends eines unserer Konzerte besuchen. Unsere Eintrittspreise haben wir bewusst human gestaltet, damit klassische Musik für so viele Menschen wie möglich zugänglich wird“.

Dass Konzerte an außergewöhnlichen Orten immer Raum für Überraschungen bieten, weiß Anne Solveig Weber aus eigener Erfahrung. „Ein besonderer Moment wird mir immer im Gedächtnis bleiben: Vor einem Open Air-Auftritt im Kloster Seeon saß ich im Innenhof und wartete auf unseren Auftritt, als plötzlich ein Vogel sein Geschäft auf mir verrichtete. Ich hatte bereits Konzertkleidung an – Gott sei Dank hat der Vogel aber nur mein Bein und nicht die Geige getroffen“, sagt sie lachend.

Sie liebt es, das Publikum abseits des Konzertsaals auf eine noch einmal ganz andere Art und Weise mit ihrer Musik zu berühren. „Ich spiele grundsätzlich sehr gerne in Museen, da nicht nur der Raum selbst, sondern auch die darin befindlichen Kunstwerke eine große Wirkung auf das eigene Spiel haben. Ich erinnere mich an ein besonderes Konzert im Kunstauktionshaus Christie’s in London während meiner Zeit als Akademistin im Concertgebouw Orchester in Amsterdam zurück, das wir zusammen mit dem Nederlands Dans Theater, einer in Den Haag ansässigen Tanzkompanie mit zeitgenössischem Repertoire, gestaltet haben. Die Tänzer waren unglaublich gut und ausdrucksstark – sich mit ihnen zwischen diesen unglaublichen Kunstwerken zu bewegen war absolut überwältigend“.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich mit der Einladung junger Stars der Klassik-Szene ein Schwerpunkt in der Programmgestaltung von Anne Solveig Weber und Johannes Umbreit herauskristallisiert. Doch Weber möchte sich in den kommenden Jahren nicht darauf festlegen: „Das würde mich in Bezug auf die Weiterentwicklung des Festivals zu sehr einengen“. Eine ihrer wunderbaren Konzert-Ideen für die Holzhauser Musiktage ist das „Entre Amis“-Konzert, bei dem das Programm extra für die Holzhauser Musiktage einstudiert wird. Drei Tage treffen sich die Musiker dazu üblicherweise in der Umgebung des Starnberger Sees und proben gemeinsam für das Konzert. 2019 wird Maximilian Hornung gemeinsam mit Jehye Lee, Samuel Lutzker, Hannah Strijbos, Anne Solveig Weber und ihrer Schwester, der Bratschistin Alice Marie Weber, mit Brahms Streichsextett Nr 2. in G- Dur, op. 36 und Tchaikovskys Souvenir de Florence zwei der schönsten Streichsextette überhaupt spielen.

Der jungen Violinistin Anne Solveig Weber ist es gelungen, den Holzhauser Musiktagen neue Impulse zu verleihen und gleichzeitig den intimen Charakter des Festivals beizubehalten. Ein Fest der Musik, das man sich jedes Jahr im Juli nicht entgehen lassen sollte!


Mehr Infos über die Holzhauser Musiktage: 

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